Neulich im Wald ... die Drückjagd

 
Neulich waren wir cachender Weise auf einem eintägigem Powertrail unterwegs, schönes Wetter, tolle Strecke, keine Muggel, gut zu findende Dosen, alles schön, bis zu dem Augenblick, als wir in das Trassierband einer Jagdgesellschaft hinein liefen ...
Nun war guter Rat teuer, denn wie verhalten wir uns jetzt richtig ohne uns in Gefahr zu bringen und doch unseren Weg zurück zum Parkplatz folgen zu können?
Ich habe diese Begebenheit zum Anlass genommen mich mal über den Ablauf und den damit verbundenen Gepflogenheiten einer Drückjagd zu informieren.

In der Zeit von 1.10. bis 31.1. gelten für die meisten in Deutschland jagbaren Tiere keine Schonzeiten. Die Zeiten wann, wo, welches Wild gejagt werden darf sind von Bundesland zu Bundesland natürlich verschieden, daher empfiehlt es sich auf einem Jagdkalender wie Schonzeiten.de oder Jagdschulatlas.de für das Zielgebiet schlau zu machen oder auf der Homepage der Landesjägerschaften nachzulesen (Die Nds. Landesjägerschaft bietet die Jagdzeiten als Faltflyer an).
Für eine Treibjagd, wie der gemeine Bürger gern sagt, im Fachjargong Drück- oder Bewegungsjagd, gelten einige Regeln, die, wenn man sie kennt, es einem einfacher machen eine wie eingangs erwähnte Situation besser einzuschätzen:
- Da die meisten Jäger in einem normalen Berufsleben stehen und für eine Drückjagd eine gewisse Anzahl an Schützen (und auch Treibern) benötigt wird, finden solche Jagden eher an Freitagen oder Samstagen statt. Gesellschaftsjagden mit mehr wie 3 Schützen sind des Sonntages übrigens verboten – was auch Sinn macht, da ggf. angeschossenes Wild vom Vortage noch nachgesucht werden muss, was immens viel Zeit in Anspruch nehmen kann!
- Meist beginnen Drückjagden schon früh gegen 8:00 bis 9:00 Uhr. Hier weist der Jagdleiter die Jäger und Treiber ein, gibt bekannt wieviel Wild geschossen werden darf (es gibt Abschusspläne für jedes Revier, die bei Nichterfüllen und auch Übererfüllen eine Ordnungswidrigkeit für den Jagdpächter nach sich ziehen!) und wie lange die Jagd in welchen Bereichen dauert. Oft dauert eine Drückjagd bis zum Mittag, manchmal auch noch in den Nachmittag hinein mit Mittagspause.
Am Tag der Jagd machen die Jäger das Gebiet, wo die Jagd stattfindet für Außenstehende kenntlich, so z.B. mit Trassierband des Typs „heute Jagdbetrieb“. Auch kann es auf Straßen, die durch das Gebiet der Jagd führen zu Geschwindigkeitsbegrenzungen kommen, i.d.R. mit entsprechenden Warnschildern aber auch durch Personen, die dem irritierten Autofahrer Rede und Antwort stehen können. Diese Kenntlichmachung des Jagdbetriebes findet nur am Tage der Jagd statt und wird nach Ausübung wieder entfernt. (Warum dies im o.g. Fall augenscheinlich anders war, sei dahin gestellt … hier hätten uns ein Datum, Zeit und Richtung, gar Mobilfunk-Nr. weitergeholfen ...)
- Größere Jagden, man spricht so ab 10 bis 15 beteiligten Jägern, werden der örtlichen Polizei und Rettungsdiensten gemeldet.
- Je nach Region und technischer Affinität der Jagdgesellschaft nutzt diese durchau auch PMRs bis hin zu speziellem Jagdfunk um sich untereinander zu verständigen!
- Die Jäger befinden sich bei einer Drückjagd auf dem jeweils zugeteilten Hoch- oder Ansitz der während der Dauer der Jagd auch keinenfalls verlassen werden darf!
So ein Hoch- oder Ansitz befindet sich im Gelände immer auf einer erhöhten Position – zum einen natürlich da so eine bessere Übersicht gewährleistet wird und dadurch eine sicherer Schuss abgegeben werden kann und weil der Winkel Schütze->Wild von oben nach unten weist und somit die Gefahr von lange durch das Gelände fliegenden Geschossen automatisch minimiert wird.
Übrigens: Jeder Jäger ist selbst für seinen Schuss verantwortlich und darf nur schießen, wenn er das Wild sauber angesprochen hat, d.h. er klar das Wildschwein auch als Wildschwein erkannt hat und sauber auf es zielen kann. Geschossen wird dann auch auf die Flanken des Wildes, da es so ja eine größere Zielfläche bietet und natürlich auch so, dass es mit dem ersten Schuss tödlich getroffen wird. (I.d.R. verlässt das durch die Treiber aufgescheuchtes Wild ihre Ruhestätten in der Folge Jungtier, Muttertier und dann erst die älteren Männchen wie Hirsch und Keiler.)
- Bei einer Drückjagd schießen die Jäger lediglich auf Distanzen von 40 bis 70 selten mal 100m – mehr nicht! Schließlich folgen ja auch irgendwann die Hunde und Treiber!
Übrigens: eine Kugel ist mit 1000 bis 2500km/h, also 1 bis 2,5 Mach unterwegs – wenn eine Kugel an Euch vorbei fliegt und Ihr hört ein Pfeifen (unter 15m!!!) … dann seid Ihr viel zu tief im Jagdgeschehen!!!
App. Knall: Wenn Ihr gute Ohren habt und (zu) nah an einer Schusssituation seid, dann hört Ihr den Knall des Abschusses und den Einschlag, im Fachjargong Kugelschlag...ein „Peng“... „Patsch“ in sehr schneller Folge.
Im Normalfalle trägt der Knall vom Abschuss ein bis zwei Kilometer – das kann natürlich durch Geländegegebenheiten und Wind(-richtung) auch mal deutlich mehr betragen!
- Die Treiber machen sich bei einer Drückjagd akustisch bemerkbar genauso wie die mitgeführten Hunde!
App. Hunde: Wenn Ihr hier auf „freilaufende“ Hunde trefft, dann sind das die der Jäger- und Treiberschaft. So diese nicht gerade verletzt sind, solltet Ihr Euch nicht um sie kümmern! Sie „gehen nur ihrem Job nach“ und kehren selbständig zu ihren Jägern zurück.
-Also, wenn Ihr Jäger, Treiber und Hunde schon hören könnt oder ihnen begegnet, dann seid Ihr tief im Jagdgebiet!
Solange Ihr jetzt auf den Wegen bleibt, sollte Euch zwar grundsätzlich nichts passieren! Aber, dass Euer „ungeplantes“ Auftauchen den Unmut des oder der Jagdmänner hervorrufen mag, sollte Euch natürlich klar sein! Zwar hat nur der Berufsjäger (steht natürlich nicht dran) eine Weisungsbefugnis wie ein Polizist, Ihr aber, wenn Ihr Euch den Wünschen der Jäger widersetzt, nicht zum guten „Miteinander“ der unterschiedlichen Interessengruppen beitragt!
App. Weisungen: Wenn „Gefahr für Leib und Leben“ besteht (sicher auch eine Definitionssache...) kann Euch jeder Jäger „festsetzen“!!! (wie jeder andere Bürger auch!)

Wie nun im Vorfelde herausfinden ob es am Tage der Cachetour im Zielgebiet eine große Jagd stattfindet?
Wie bei einem großen Event ist eine Drückjagd mit einem gewissen Organisationsaufwand verbunden, so wird oft eine regelmäßig wiederkehrender Termin wie der xte Samstag des Monat xy in einer Region genommen. Leider gibt es keinen öffentlich einsehbaren Jagdkalender … wenn es sich um staatlichen Besitz handelt, dann können die Forstämter Infos zu Jagden haben. Am sichersten ist es mal bei der einheimischen Bevölkerung nachzufragen. Hier bieten sich erfahrungsgemäß Gast- und vor allem Landwirte an.

Man ist ja immer irgendwie in seiner eigenen kleinen Hobby-Welt gefangen … so möchte ich mit diesem Blick über den Tellerrand einen kleinen Beitrag zum besseren Miteinander verschiedener Nutzergruppen beitragen ;-)